Mittwoch, 23. Februar 2011

Jail- and Slum Visit in Manila

Hallo ihr alle,

Ich bins mal wieder. Euch geht es hoffentlich auch trotz Schneefall einigermaßen gut.

Hier ist mal wieder einiges passiert, aber der Reihe nach.

Meine Trips am Montag und am Dienstag wurden leider kurzfristig gecancelt (hier muss man immer mal mit so etwas rechnen und flexibel sein), was aber nicht weiter schlimm war, da ich dadurch etwas Zeit hatte mich genauer mit der Planung meines Praktikums zu beschäftigen. Ich habe mich in der Zeit genauer mit den verschiedenen Departements befasst und Fragebögen für die einzelnen Projekte vorbereitet, um so einen ordentlichen Einblick in die Organisation erhalten zu können.

Nach einigen Gesprächen hab ich schließlich auch einen ersten Arbeitsbereich gefunden, in einem Projekt von PREDA, dass Mikrokredite an ehemalige Klienten und deren Familien vergibt. Die Idee dahinter ist ziemlich simpel: Wenn gerade Kinder aus Gefängnissen befreit und anschließend rehabilitiert werden konnten besteht eine sehr hohe Gefahr einen Rückfalls in die Kriminalität, wenn die Kinder zuhause dieselben miserablen und ausweglosen Situationen der Armut und Perspektivlosigkeit vorfinden. Deshalb werden nun in diesem Pilotprojekt Beträge zwischen 50 und 150€ an die Familien verliehen. Mit diesem Startkapital,  intensiver Vorbereitung und Betreuung über die Projektdauer sollen die Familien sich eine wirtschaftliche Existenz aufbauen und der Armut entkommen. Wie ich finde ein super interessantes Projekt, indem ich jetzt mitarbeiten darf. (mehr dazu bestimmt später einmal)

Ansonsten haben wir noch den 37. Geburtstag von PREDA gefeiert.
(der ältere Mann hinten in rosa ist übrigens der 2mal für den Friedensnobelpreis nominierte Gründer von PREDA Father Shay Cullen) 

Nach diesen beiden eher ruhigeren Tagen hatte ich heute ein ziemlich straffes und hartes Programm. Mein erster Jail-Visit stand an. Hierbei werden Minderjährige in Gefängnissen in Manila und Umgebung gesucht, die zusammen mit erwachsenen Häftlingen eingesperrt werden. Dies ist zwar offiziell verboten, woran sich aber gerade in den Problembereichen Manilas (und da gibt es jede Menge) keiner hält.
Man sucht hier vor allem in den Zellen von Polizeistationen, wohin die Kinder gebracht werden, wenn sie von der Polizei erwischt wurden. Hierbei handelt es sich zum Teil um Kiddies, die sich was zu essen klauen bis hin zu Mördern und Vergewaltigern.  Eigentlich sollten die Häftlinge in diesen Zellen nur wenige Tage oder Wochen untergebracht werden. In Wahrheit sind gerade die Kinder oft Monate bis teilweise Jahre hier eingesperrt, da ihr Status nicht geklärt werden kann. Die meisten haben keine Papiere, in die normalen großen Gefängnisse dürfen sie nicht und die philippinische Justiz ist hoffnungslos überfordert. Deshalb ist es keine Seltenheit, dass die Kinder bis zu einen Jahr ohne jede Anklage und ohne Wissen über eine möglichen Gerichts- oder gar Freilassungstermin in diesen winzigen Zellen mit anderen erwachsenen Häftlingen eingesperrt werden.
PREDA sucht also nach diesen Kindern und versucht das „Sorgerecht“ für diese bis zum Prozess zu erhalten. Werden Minderjährige entdeckt können diese aber nicht einfach mitgenommen und ins BoysCamp gesteckt werden. Bevor es soweit ist muss man dieses Sorgerecht von einem Sozialarbeiter übertragen bekommen. Diese sind aber meist sehr kooperativ wurde mir gesagt. Konnte man die Jungs schließlich rausbekommen werden sie von PREDA versorgt und erhalten später auch Rechtsbeistand. Kommt es in dem Prozess dann zu einer Verurteilung so bleibt das Sorgerecht in Absprache mit den Eltern häufig bei PREDA, da es zwar so etwas wie Jugendgefängnisse gibt, die aber hoffnungslos überbelegt sind und man froh ist die Kinder zu PREDA „abzuschieben“.

(Zu den folgenden Bildern wollte ich noch vorab etwas loswerden: uns wurde zwar gesagt, dass wir gerne Bilder machen könnten, aber ich war doch sehr gehemmt, da ich nicht wie ein Touri im Zoo auftreten wollte, der irgendwelche schockierenden Bilder macht, um die dann seinen Freunden beim Diaabend  vorzuführen. Es stellte sich allerdings heraus, dass die Menschen dort total verrückt nach Fotos waren und sogar fragten, ob man sie nicht fotografierten wollte. Deshalb wirken die Bilder wohl auch recht fröhlich und lustig, was es eigentlich nicht war und was man auch erkennt wenn man genau hinschaut)

Soviel also vorweg, dass ihr nachvollziehen könnt, was wir da heute gemacht haben
.
Wir fuhren also um 6 Uhr mit einem eigenen Jeepney nach Manila und waren dort (nach einer grausamen 4 Stunden Fahrt) in 3 Gefängnissen. Das erste war sehr klein und auch nicht weiter spektakulär, dafür war das zweite dann umso krasser. Hier waren ca. 40 Männer in einer unbelichteten und nicht klimatisierten (auf den Philippinen ganz grausam) Zelle untergebracht, die vielleicht 25m² groß war. Dort fanden wir schließlich auch einen 15jährigen Jungen, von dem dann die Personalien aufgenommen wurden und für den nun ein Antrag auf Erhalt des Sorgerechts gestellt wurde. Was wirklich selbst für die Mitarbeiterinnen von PREDA erschreckend war, obwohl sie diese Trips 3mal pro Woche absolvieren, war das wir schließlich auch ein junges Mädchen in der Zelle fanden. Es stellte sich heraus, dass hier auch 4 Frauen, darunter das 16jährige Mädchen untergebracht wurden. 







Nach diesem Schock ging es direkt weiter ins nächste Gefängnis. Dort waren sowohl die Minderjährigen, als auch die Frauen in separaten Zellen untergebracht. Dafür waren der Gestank und die Unterbringung bei den erwachsenen Häftlingen noch schlechter als im ersten Gefängnis. Viele der Insassen machten einen sehr kranken und unterernährten Eindruck (in den Philippinen bekommen Häftlinge keine Nahrung von der Polizei, sondern müssen von Angehörigen versorgt werden).
Trotzdem freuten sich die meisten Häftlinge extrem über unseren Besuch und klatschen Applaus als wir uns wieder verabschiedeten… 






Nachdem wir die Gefängnisse hinter uns gebracht hatten, fuhren wir in eine extrem arme Gegend in Manila, um dort nach einen Jungen zu suchen, den PREDA aus dem Gefängnis geholt hatte und der letzte Woche schon zum zweiten mal aus dem BoysCamp abgehauen war. Wir fanden ihn schließlich bei seiner Mutter und konnten ihn überzeugen mit uns mitzukommen. Da PREDA das Sorgerecht für diesen Jungen hat, muss PREDA auch gewährleisten, dass er sich in deren Obhut befindet. Leider konnte dieser Junge nicht mehr mit nach Olongapo, da das Risiko einer erneuten Flucht einfach zu hoch ist. Allerdings konnte man bewirken, dass er nicht wieder ins Gefängnis geschickt wird, sondern bis zu einem Prozess in einer bewachten speziellen Einrichtung für Kinder untergebracht wurde. Das Problem für PREDA mit fliehenden Kindern ist die Gefahr, dass man irgendwann keinSorgerecht für die Kinder mehr erhält, wenn zu viele abhausen und PREDA seiner Versorgungspflicht nicht nachkommt. Daher dieses harte Durchgreifen.


Anschließend fuhren wir über eine Straße, die direkt durch die Slums von Manila führt. Diese Bilder sind alle aus dem Jeepney heraus entstanden, da ein Spaziergang für uns wohl zu gefährlich wäre. Ich hoffe diese Bilder helfen einen Eindruck von den Lebensverhältnissen der Menschen dort zu erhalten. 












Es war wirklich ein super krasser und intensiver Tag heute, den ich mir noch das ein oder andere Mal durch den Kopf gehen ließ, als wir die 4 Stunden nach Hause hoppelten (die Straßen spotten teilweise wirklich jeder Beschreibung)
So richtig verdaut oder verarbeitet hab ich es allerdings noch nicht. Was bleibt ist irgendwie ein seltsam leeres Gefühl und die Gewissheit, dass das nicht mein letzter Jail-Visit war.

Ist wieder wirklich viel Text geworden. Ich hoffe es war nicht zu mühsam zum lesen =)


Vielen Dank für euer Interesse und alle Gute

Claudius


PS: Meine Mitstreiter haben ebenfalls Bilder gemacht, die wir noch austauschen wollen. Wenn da noch gute dabei sind stell ich die hier mitrein uns lass es euch dann wissen.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen