Mittwoch, 23. März 2011

News von Robert & Jail Rescue

Hallo alle zusammen,

da zurzeit einfach super viele Dinge passieren gibt’s jetzt schon wieder einen neuen Eintrag.

Wenn ich mich nicht irre, dann war der letzte Stand, dass wir noch nicht genau wussten, ob Robert in eines der großen City-Jails verlegt werden würde und ob wir dann noch Zugang zu ihm haben würden. Es stellte sich heraus, dass er gestern Mittag tatsächlich ins Taguig City-Jail verlegt wurde. Wie bereits beschrieben ist es dort für Mitarbeiter von PREDA sehr schwer hineinzukommen, aber wir wollten es wenigstens versuchen. Wir sind also heute Morgen nach Manila gefahren und waren dort zuerst beim City-Court, um dort den zuständigen Richter zu treffen und ihm die Bilder zu zeigen, wodurch wir uns erhofften den ganzen beschriebenen Prozess irgendwie zu beschleunigen. Leider war der Richter nicht anzutreffen, weshalb wir eine Kopie der Bilder und ein Schreiben von Father Shay für ihn abgeben ließen.
Daraufhin machten wir uns auf den Weg zum City-Jail. Hierbei handelte es sich allerdings weniger um ein einfaches Gefängnisgebäude, sondern vielmehr um eine Art kleinere Stadt voller Polizeistationen und riesigen Komplexen, in denen wohl die tausenden von Gefangenen untergebracht werden. Der Anblick war auf jeden Fall total unheimlich. Leider war es strengstens verboten irgendwelche Bilder dort zu machen.
Als wir schließlich das richtige Gefängnis gefunden hatten, in dem sich Robert seit gestern befinden soll hatten wir tatsächlich das Glück ihn besuchen zu dürfen. Davor wurden wir allerdings penibel durchsucht und mussten alle Wertsachen abgeben. Auch Medikamente durften wir nicht mitnehmen, da man sich hier strafbar macht, wenn man Medizin ohne richterliche Genehmigung in Gefängnissen verteilt. Immerhin wurde uns erlaubt Essen und Hygieneartikel mitzubringen.
Ich rechnete in dem Gefängnis wirklich mit den schlimmsten Verhältnissen, aber es stellte sich heraus, dass wir keinen Zutritt zu den Zellen haben würden. Stattdessen trafen wir uns in einer Art Besucherbereich mit Robert. Von den Zellen sahen wir von dort aus nur sehr wenig.
Robert ging es erstaunlich gut auch wenn er doch ziemlich verunsichert wirkte. Es stellte sich heraus, dass es wohl ganz gut für ihn war ins City-Jail verlegt worden zu sein, da es dort eine Krankenstation gibt und er dort auch einige Medikamente bekommt. Er erzählte uns, dass er sich dort nur mit einem anderen Gefangenen ein Bett teilen müsste und dass er darüber sehr glücklich ist. Wir konnten uns dann auch etwas länger mit ihm unterhalten. Robert ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder. Die Wunde ist dadurch entstanden, dass zwar die  Kugel in einer OP entfernt wurde, er aber dann kein Geld mehr hatte um die Wunde am nächsten Tag ordentlich verarzten und zunähen zu lassen. Er bestätigte uns auch, dass er diese Verletzung jetzt schon seit über 4 Monaten hat. Einfach unglaublich.
Dieser Besuch gab uns aber neue Zuversicht, dass man doch noch was für ihn tun kann, da er wie gesagt einen recht guten Eindruck machte und man hoffen kann, dass sein Zustand jetzt noch einige Zeit stabil bleiben wird, wenn er weiterhin auf der Krankenstation versorgt wird.
Auch wenn wir nicht direkt in das Gefängnis hinein durften war es trotzdem superkrass die Ausmaße von diesen „richtigen“ Gefängnissen zu sehen, da ich ja bisher nur in Polizeistationen und deren Zellen unterwegs war.

Neben dieser wirklich belastenden Geschichte hat der Job des „Jail-Rescue-Teams“ aber auch super-schöne Seiten. So haben wir heute auch 2 Jungs aus Gefängnissen mit ins Boys-Center nehmen können.
Den ersten Minderjährigen, den wir abholten haben wir letzte Woche in derselben Zelle gefunden, in der auch Robert lag. Durch die Kooperationsbereitschaft der Socialworker konnten wir ihn bereits heute mit zu PREDA nehmen. Davor fuhren wir allerdings noch alle zusammen bei seiner Familie vorbei und informierten diese über PREDA und holten uns das Einverständnis ab, was bei der Alternative „Öffentliches Gefängnis“ wohl nur Formsache sein kann.
Nach dem Besuch bei Robert holten wir schließlich nachmittags den zweiten Jungen in einem anderen Gefängnis ab. Beide Jungs waren Anfang ziemlich verunsichert und schüchtern, was aber auch nicht weiter verwunderlich ist, da sie wohl keine Vorstellung davon haben können, was jetzt bei PREDA auf sie zukommen wird.
Total schön für mich war irgendwie die Situation, als wir alle zusammen auf dem Weg zurück zu PREDA etwas zu essen besorgt haben. Dazu sind wir in eines der unzähligen Fastfood -  Restaurants gegangen, was für uns hier ja etwas Alltägliches ist. Bei den Jungs sieht das aber anders aus und man konnte doch deutlich sehen wie sehr sie sich über ein normales Essen mit Dessert gefreut haben, was auch nicht weiter verwunderlich ist, wenn man bedenkt aus was für Zuständen sie gerade heraus geholt wurden und das sie sich in den letzten 2 bzw. 3 Monaten, in denen sie eingesperrt waren wohl nur unzureichend ernähren konnten.
Einige Bilder von dem Moment indem der zweite Junge freigelassen wird:






 
Alles in allem war das heute ein wirklich erfolgreicher Tag. Ich bin etwas zuversichtlicher, dass wir doch noch was für Robert erreichen können und die Befreiung der beiden Jungs war echt riesig. Bleibt zu hoffen, dass die beiden diese Chance auch wahrnehmen und etwas daraus machen.

Danke fürs Lesen und bis zum nächsten Mal.

Claudius






Montag, 21. März 2011

…und wie das philippinische System Menschen tötet!


Vor einigen Tagen habe ich von dem jungen Mann mit dieser unvorstellbaren Schussverletzung berichtet. Sein Name ist übrigens Robert, 27 Jahre alt, eingesperrt weil er ein Handy geklaut hat.
Letzte Woche wurde uns auf unser Drängen hin von der Chefin des Welfare Departements versichert, dass man ihm helfen wird und die Frau hat ihr Wort auch gehalten. Noch am selben Abend wurde Robert in ein Krankenhaus gebracht. Dort weigerten sich die Ärzte allerdings ihn zu behandeln, da keine richterliche Verfügung für diesen Eingriff vorlag. (Hätten sie ihn trotzdem behandelt würde Ihnen ihre Zulassung entzogen werden) Daraufhin wurde er wieder zurück ins Gefängnis gebracht. Das war Donnerstagabend. Ich habe mich gestern mit dem Chef des Legal Departements unterhalten und der gab mir folgende Informationen: Am Freitag und über das Wochenende erreicht man den Richter (natürlich) nicht. Gestern wurde dann ein Brief an den Richter abgeschickt, der ihn dazu bewegen soll so schnell wie möglich einen „Medical-Pass“ für Robert auszustellen. Einen solchen Pass brauchen Gefangene, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, aber auch das wird dauern. Sollte er diesen dann erhalten muss als nächstes ein eh schon überfülltes Krankenhaus gefunden werden, dass bereit ist ihn zu behandeln, obwohl die Kosten sicherlich nicht von ihm übernommen werden können. Das Krankenhaus müsste also vorab einen Antrag ans Büro des Bürgermeisters stellen, der dann das Geld entweder aus seinem eigenen Etat herausnimmt oder dieses dann vom Parlament beantragt. Das Alles wird Wochen dauern, wenn es überhaupt soweit kommen sollte. Das Einzige was PREDA jetzt machen kann ist damit zu drohen die Geschichte durch Father Shay über die Medien zu verbreiten und dadurch Druck auf den Richter und den Bürgermeister auszuüben.

In der Zwischenzeit liegt Robert weiter auf einem Stück Karton in seinen dreckigen Klamotten ohne Medikamente in einer vollkommen verdreckten Zelle. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass die Zeit reichen kann ihm noch zu helfen. Am Mittwoch - also morgen - ist der nächste Besuch von dem Gefängnis geplant für den ich dann noch einige Medikamente besorgen werde, falls er da noch in der Zelle ist. Heute habe ich erfahren, dass Robert in ein größeres Gefängnis verlegt werden soll, zu dem wir keinen Zutritt mehr erhalten würden. Seit PREDA die untragbaren Zustände dort öffentlich gemacht hat ist man dort nicht mehr gern gesehen.

Es ist einfach so bitter hilflos dabei zusehen zu müssen was mit ihm passiert, obwohl es doch absolut keinerlei Zweifel daran gibt, dass hier etwas schief läuft und es sich offensichtlich um eine zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit handelt…

Ihr könnt mir ja die Daumen für morgen drücken…

Claudius

Robert ist übrigens der junge Mann hinter den Gittern...
                                                                                                                       








Mittwoch, 16. März 2011

Wie PREDA heute ein Leben rettete

Hallo alle zusammen,

heute war ich gemeinsam mit Valerie - einer guten Freundin vom Bodensee, die mich zur Zeit besucht -  und 2 Sozialarbeiterinnen von PREDA - in einigen Gefängnissen in Manila unterwegs und was da passierte ist echt unvorstellbar.

Wir sind auf der Suche nach Minderjährigen in einer Zelle gelandet, die auf den ersten Blick so aussah, wie die meisten anderen Zellen in Manila auch: überfüllt, stickig und mit zwei minderjährigen Gefangenen. Da es in diesem Gefängnis keinen Vorraum gab gingen wir auch direkt in die Zelle hinein. Die Gefangenen wurden dann angewiesen um uns herum Platz zu nehmen und sangen auf Befehl der Wächter auch zwei Lieder für uns, was echt total unpassend und irgendwie peinlich war. Die Sozialarbeiterinnen von PREDA nahmen dann die Daten von den beiden Minderjährigen auf und wir unterhielten uns etwas mit den Gefangenen und sahen uns genauer um. Irgendwann machte uns dann eine der Polizistinnen auf einen jungen Mann aufmerksam der in einer kleinen Extrazelle isoliert von den anderen Gefangenen auf einem Stück Pappe lag und sich trotz großer Hitze mit einem Leintuch zugedeckt hatte. Die Polizistin erzählte irgendwas von seinem Bauch und einer Verletzung, aber wir hatten keine Ahnung, was es damit auf sich haben könnte. Das Einzige was offensichtlich war, war dass der Mann total krank aussah, wohl ziemlich hohes Fieber hatte und irgendwie abwesend wirkte. Wir haben ihm dann versucht zu erklären, dass er uns seinen Bauch zeigen soll, sodass wir uns das man ansehen und das nächste Mal passende Medikamente mitbringen oder einen Arzt verständigen könnten, aber irgendwie weigerte er sich zunächst, weil es ihm wohl total unangenehm war. Nach langem gutem Zureden zeigte er uns schließlich den Grund für seinen Zustand. Es war echt unglaublich. Der Mann hatte eine offene Wunde am Bauch, durch den ein Teil seines Darms heraushing, den er in einer durchsichtigen Plastiktüte eingewickelt hatte und der bereits wirklich ekelhaft roch. Es stellte sich heraus, dass der Mann diese Wunde einer Schussverletzung zu verdanken hatte und die Kugel auch noch immer in seinem Bauch steckte. Man muss wirklich kein Mediziner sein, um zu erkennen, dass er die nächsten Wochen, wenn nicht sogar Tage kaum überleben würde.

Ich hab dann einige Bilder mit Valeries Kamera von der Wunde gemacht und wir sind mit diesen Bildern zum zuständigen „Wellfare Departement“ gegangen, dass etwa 20 Meter vom Gefängnis entfernt liegt. Dort konnten wir dann nach längerem Warten und Suchen die Bilder der Leiterin des Departements zeigen, die daraufhin veranlasste, dass der Mann so bald wie möglich in ein Krankenhaus gebracht und operiert wird. Alles was also notwendig war, um voraussichtlich das Leben dieses Mannes zu retten, war, dass die Mitarbeiter vom Wellfare Departement über diese Verletzung in Kenntnis gesetzt wurden. Das Problem war aber, dass sich die Sozialarbeiterinnen offensichtlich nicht in die Zellen trauen um sich selbst ein Bild von der Situation der Gefangenen zu machen, und dass es den Polizisten wohl einfach egal ist, was mit den Insassen passiert. Wie bereits beschrieben- diese beiden Einrichtungen sind 20 Meter voneinander entfernt und niemand hat es für nötig gehalten die entsprechenden Schritte einzuleiten, um sein Leben zu retten. Wären wir nicht zufällig an diesem Tag in dem Gefängnis gewesen hätte er wohl keine Chance gehabt. Wir werden diesen Fall weiterhin verfolgen, um sicher zu gehen, dass dem Mann auch wirklich geholfen wird.


Zum Abschied haben Valerie und ich noch einige Mitbringsel an die Gefangenen verteilt, die wir besorgt hatten. Eigentlich wollten wir den Insassen eine Tüte voller Hygieneartikel, Nahrungsmitteln und Zeitungen einfach so überreichen, aber die Sozialarbeiterinnen sagten uns dann, dass wir die Sachen am besten einzeln an die Gefangenen verteilen sollten, weil die Polizisten ansonsten wahrscheinlich alles an sich nehmen würden. Uns war das dann extrem unangenehm, weil die Männer sich wirklich um uns herum drängelten und schrien, sodass man sich – so makaber sich das anhören mag –vorkam als würde man im Zoo Futter verteilen, und das war genau das, was wir eigentlich vermeiden wollen, weil es einfach total unmenschlich und beschämend war, wie sich die Menschen um die Sachen rissen. Aber wenigstens kann man so sicher gehen, dass diese Dinge auch wirklich da ankommen, wo sie hinsollen. (Dieselbe Situation beim Verteilen von diesen Artikeln erlebten wir daraufhin nochmals in dem zweiten Knast, indem wir waren)

Soviel zu unserem Tag heute. Im Moment bin ich einfach tierisch müde und hoffe so sehr, dass dem Mann irgendwie geholfen werden kann und es nicht zu spät war.

Abgehängt noch einige Bilder von heute
 
Danke fürs Lesen.

Liebe Grüße
Claudius  










 einige Bilder aus den Gefängnissen, die mal wieder viel zu fröhlich und lustig wirken...







wir beim philippinischen Frühstücken

Freitag, 11. März 2011

für alle die sich sorgen machen...

... uns gehts gut!
der tsunami hat luzon nicht so stark getroffen wie befürchtet. die wellen waren wohl so zwischen 40-70 cm hoch, sodass für uns keine gefahr bestand. wies bei den menschen aussieht, die direkt am meer wohnen weiß ich nicht.

bin dieses wochenende auch im norden von luzon unterwegs und kann danach ja vielleicht berichten wie schlimm es die leute dort getroffen hat.

danke fürs sorgen machen und für die vielen nachrichten auf facebook =)


claudius

Donnerstag, 10. März 2011

Demo und FairTrade Training


HeyHey alle zusammen,

ich bins mal wieder.
Bevor ich von mir erzähle:  Was gibt es denn eigentlich Neues bei euch? Ich fänds irgendwie mal wieder ganz schön, auch was von euch zu hören. Wie läufts denn zum Beispiel beim TT, in den anderen Praktika, mit den Kindern usw.? Ihr könnt ja einfach mal schell bei FB oder über Mail ein Update schicken. Würde mich freuen =)
 

Hier ist soweit alles in bester Ordnung. Hab jetzt fast alle Interviews durch und einen ganz guten Einblick über die Stiftung. Außerdem arbeite ich gerade an einer Fundraising-Konzeption für PREDA, aber das ist wahrscheinlich nicht soo spannend für euch, kann ich mir vorstellen… =)

Diesen Dienstag war ich in Manila auf einer Demo zum Weltfrauentag. Der kam nach dem Bar-Visit irgendwie auch echt passend. Wir sind dann also mit einigen von den PREDA – Jungs und Mädels um 4 Uhr morgens in einem Bus nach Manila gefahren, der offensichtlich für philippinische Vorschüler konstruiert war…

  


In Manila haben wir dann mit einer Vielzahl anderer Organisationen für Frauenrechte, gegen sexuellen Missbrauch und häusliche Gewalt demonstriert.

War echt spannend, wenn auch super anstrengend in der Hitze und dem Smok. (In Manila sieht man quasi nie den Himmel oder die Sonne und das liegt nicht an den Wolken…)





Ansonsten läuft hier zurzeit ein Training mit einigen Mitgliedern aus Aetas Stämmen (philippinische Ureinwohner) Das Fair Trade Departement hat eine Bestellung für mehrere tausende Körbe bekommen. Daraufhin wurden Aetas Gruppen eingeladen und man zeigt ihnen, wie diese Körbe herzustellen sind und was vom Käufer erwartet wird. Allein im Bereich Handwerk arbeiten ca. 2000 Menschen (häufig indigene Bevölkerungsgruppen) für PREDA. Im Bereich Nahrungsmittel sind es noch etwas mehr. Trotz des Fairen Handels und den hohen Preisen, die die Bauern bekommen übernimmt das Fair Trade Departement immer noch ca. 25-30% der Kosten , die für die verschiedenen Projekte von PREDA anfallen.




Ansonsten geht’s mit ganz gut und ich bin froh, dass ich langsam damit anfangen kann, wirklich für PREDA zu „arbeiten“.

Nächste Woche wird bestimmt aber wieder der ein oder andere interessante Trip stattfinden, da ich Besuch aus Deutschland bekomme…


Liebe Grüße an euch alle und lasst mal was von euch hören =)

Claudius

Sonntag, 6. März 2011

Philippinische Sexbars...

Hey Leute,

Ich hab mir echt lang überlegt, ob ich wirklich posten kann und soll, was ich Donnerstagnacht erlebt hab, weil es doch extrem krass war. Aber auf der anderen Seite habe ich mir vorgenommen über alles zu berichten, was mir hier so passiert und dass dieser Blog hier kein lustiger „Urlaubsbericht mit Bildern“ werden soll, sondern dass er euch, die das hier lesen, vielleicht ja dabei hilft eine Vorstellung davon zu bekommen, was hier so geschieht.
Es geht auch bei all diesen Berichten ganz ehrlich nicht darum, dass ich Anerkennung dafür ernten will, was ich hier mache. Meiner Meinung nach haben wir aber in unserer „heilen“ Welt einfach eine gewisse Verantwortung dafür, dass man neben der Vielzahl an alltäglichen Sorgen, die man so in Deutschland mit sich rumträgt, nicht vergisst, was Menschen in anderen Teilen der Welt für Schicksale ertragen müssen. Natürlich hat nicht jeder in Europa die Möglichkeiten etwas für die Menschen zu tun, die nicht so viel Glück hatten wie wir, aber man kann sich immerhin dessen bewusst sein und diese Menschen nicht vergessen. Meiner Meinung nach hat man einfach die Verpflichtung dazu!
Wenn dieser Blog dazu beiträgt, bei dem einen oder anderen Leser diesen Einblick zu schärfen oder zu vertiefen, wäre ich super zufrieden und glücklich.

Soviel vorweg. Ich hab mich schließlich dazu entschieden eine „abgeschwächte“ Version zu verfassen und die widerlichsten Details rauszulassen.

Wir sind also letzten Donnerstagabend in zwei Städte gefahren, in denen es zahlreiche Sexbars gibt und wo auch Minderjährige vermutet werden. Dabei geht man so vor, dass man sich als Tourist ausgibt und sich die Show bzw. die Tänzerinnen anschaut und dann versucht Informationen über potentielle minderjährige Mädchen zu bekommen.
Entweder holt man direkt ein Mädchen zu sich an den Tisch, indem man ihr einen „Ladys Drink“ ausgibt oder man erkundigt sich bei dem Zuhälter nach möglichst jungen Frauen.
Findet man dann tatsächlich ein Mädchen in der Bar versucht man mit ihr in ein Hotelzimmer zu kommen, oder wenn das nicht geht wenigstens eine Telefonnummer oder E-Mailadresse von ihr zu erhalten. Bekommt man das Mädchen irgendwie aus der Bar raus wartet eine Sozialarbeiterin, die dem Mädel erklärt, dass sie jetzt oder an jedem anderen Tag zu PREDA kommen kann und man sich dort um sie kümmern wird.
Sollte man bei einem solchen Bar-Visit fündig werden, wird die örtliche Polizei informiert, die dann hoffentlich so bald wie möglich eine Razzia durchführt.

In der ersten Bar sahen alle Tänzerinnen älter aus als 18, weshalb wir auch nicht allzu lange geblieben sind. Allerdings haben wir in der Zeit, in der wir da waren einen Eindruck davon erhalten, was in diesen Sexbars zum Teil für eine Show geboten wird. Es war echt unvorstellbar, was die Frauen dort alles auf der Bühne machten bzw. machen mussten. Genaue Details will ich echt nicht beschreiben. Allerdings muss an dieser Stelle festgehalten werden, dass die Tänzerinnen wohl alle volljährig waren und auch wenn die Frauen einem wirklich Leid tun konnten, ist daran schließlich nur moralisch etwas zu beanstanden.

Nachdem wir dann diese Bar zur allgemeinen Erleichterung, vor allem aller männlichen Personen,  verlassen hatten, versuchten wir es in einer anderen.
Während in der ersten Bar die Tänzerinnen nacheinander auf einer Bühne auftraten und nebenher (halb-) nackte Frauen von Tisch zu Tisch spazierten, sah es in dieser Bar etwas anders aus. In der Mitte des Raums stand eine Art Empore, auf der 10-15 Frauen tanzten. Außen herum saßen dann die ganzen Typen, die sich mit einem Drink die Gesellschaft der gewünschten Frauen erkaufen konnten. Diese Typen waren ausnahmslos Weiße und die meisten sowohl alt als auch einfach widerlich.
Einige der Tänzerinnen sahen wirklich verdammt jung aus, aber es ist wie bereits beschrieben quasi unmöglich als Europäer das Alter von jungen philippinischen Frauen richtig zu schätzen. Aber auch die Sozialarbeiterinnen meinten, dass mindestens eine der Tänzerinnen wohl noch nicht 18 wäre.
Wir sind dann etwas dort geblieben und haben uns das Ganze genauer angeschaut. Dabei war es wirklich schwierig die Fassung zu bewahren und ruhig zu bleiben, wenn man den alten Weißen bei deren Umgang mit den Frauen zusah.
Schließlich habe ich mir dann von einer Mitarbeiterin - wahrscheinlich die Zuhälterin -  das eine beschrieben Mädchen von der Bühne „bringen gelassen“ und hab ihr so einen Drink ausgegeben und mich etwas mit ihr unterhalten. Dieses Mädel, das ich maximal auf 14 Jahre geschätzt hätte, konnte überraschend gut Englisch, so dass wir uns auch verstehen konnten. Hierbei sagte sie, dass sie 18 Jahre sei und vor 2 Monaten mit diesem Job angefangen hätte. Ich hatte dabei natürlich die ganze Zeit über ein unbeschreiblich komisches Gefühl.

Nach einer halben Stunde wurde die Bar wohl langsam geschlossen und die anderen Frauen, die nicht an einem dicken Weißen hingen begangen sich um - bzw. anzuziehen. Das Mädchen war wohl etwas überrascht, als ich ihr sagte, dass sie dann auch gehen könnte, weil solche Gespräche wohl meistens anders enden. Ich fragte sie aber noch, ob sie mir nicht ihre Nummer oder E-Mail Adresse geben wollte, dass ich mich mal melden könnte. Und da ich mein Handy „vergessen“ hatte gab sie die E-Mail Adresse an eine Sozialarbeiterin, die sich als eine Freundin von mir vorstellte. Man wird sie jetzt über diese Adresse kontaktieren, über PREDA usw. informieren und versuchen an Informationen über minderjährige Prostituierte heran zu kommen.

Das war dann also mein erster Bar-Visit. Es war wie gesagt wirklich zum Teil super widerlich und nur kaum zu ertragen, aber ich könnte mir trotzdem vorstellen so etwas öfters zu machen. Der Gedanke daran vielleicht mal irgendwie ein Mädchen aus einer solchen Bar rauszuholen reicht da als „Entschädigung“ aus.


Danke fürs Lesen.

Claudius

PS: Die Anzahl der minderjährigen Prostituierten auf den Philippinen wird auf 100.000 geschätzt. In Thailand sind es nochmals deutlich mehr.

Mittwoch, 2. März 2011

Social Investigation und Besuch der Ureinwohner




Hallo alle zusammen,


ich bins mal wieder.
Hab in den Nachrichten gesehen, dass es auch in Deutschland langsam Frühling wird, was ich euch wirklich auch total gönne… =) 



Mir geht’s immer noch echt gut hier. Es kommen und gehen immer wieder neue Besucher und Freiwillige aus der ganzen Welt, was natürlich echt spannend ist. Hab mich auch inzwischen an fast alles wie an das Essen und die Unterbringung usw. gewöhnt. Dass man die ganze Zeit angestarrt, angequatscht und zum Teil verfolgt wird stört aber immer noch ein wenig. (Eine Sache auf die ich mich schon jetzt mit am meisten freue ist diese Anonymität wenn ich wieder im schönen Berlin bin …) 






So, was ist alles passiert nach dem Jail-Visit letzte Woche:
An dem Donnerstag und dem Freitag musste ich eine Hausarbeit fertig schreiben, die leider nicht so viel mit PREDA zu tun hatte, und was mich deshalb auch bisschen genervt hat, weil ich mir für die Zeit auf den Philippinen natürlich was spannenderes vorstellen könnte, als die Möglichkeiten des Strategischen Managements für Kommunalverwaltungen zu erforschen. Eigentlich war ich mir auch sicher, dass ich die Hausarbeit über Weihnachten schreiben würde, also selbst Schuld… =)
Außerdem hab ich mich in der Zeit weiter genauer mit den Programmen und Projekten von PREDA beschäftigt und Fragebögen für Interviews in den verschiedenen Departements vorbereitet.

Das Wochenende war dafür dann aber super lustig. Wir  haben vor allem Samstagnacht bis um halb 6 gefeiert, weshalb wir auch direkt einen anderen Ausflug verpasst haben, weil der Bus dafür um 5 losgefahren wäre…
Es ist aber echt komisch als „Weißer“ in so einem Club unterwegs zu sein, weil man dort ununterbrochen angestarrt und angemacht wird - allerdings mehr von Typen als von Mädels. Man sieht hier vor allem abends wirklich unheimlich viele Typen, die sich als Frau verkleiden und dann aber mit Dreitagebart, Kleidchen und High Heels tanzen gehen. 



Am Dienstag bin ich dann mal wieder nach Manila gefahren und war da mit dem „Child Resscue Team“ bei einer „Social Investigation“.
Hierbei geht es um folgendes: Wenn man das Sorgerecht für ein Kind von einem Sozialarbeiter übertragen bekommt (vgl. Bericht Jail- and Slum Visit in Manila) wird zuerst die Familie des Jungen aufgesucht, um einen Einblick in das familiäre Umfeld zu bekommen, bevor man ihn ins BoysCamp bringt. Dadurch soll in Erfahrung gebracht werden, wie wahrscheinlich eine erfolgreiche Integration nach dem Aufenthalt bei PREDA in die Familie ist. Außerdem gibt es ein Gespräch mit den potentiellen Kandidaten, um diese bessere kennenzulernen und einschätzen können, ob hier eine erhöhte Fluchtgefahr besteht. Das wurde notwendig, nachdem in letzter Zeit immer mehr Jungs (ca.10%)  aus dem BoysCamp abgehauen sind, was einfach zu viele waren. Um die Arbeit von PREDA nicht zu gefährden wird nun eine „Vorauswahl“ getroffen.

Dieses Mal hatten wir keinen eigenen Fahren, sondern sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach- und dann auch in- Manila herumgefahren, was schon für sich ein eigenes Abenteuer gewesen wäre. (Dieses Chaos auf den Straßen hier kann man sich als Europäer wirklich nicht vorstellen, wenn man es nicht mit seinen eigenen Augen sieht) 





Wir fuhren dann zuerst in ein sogenanntes „Wellfare Departement“. Dort werden Kinder untergebracht, die in Gefängnissen gefunden wurden, und die von dort aus von Sozialarbeitern an Organisationen wie PREDA vermittelt werden sollen. Diese Einrichtungen gibt es so seit ca.1 Jahr und sind ein Sinnbild für die Bemühungen der neuen Regierung unter Aquino. Diese ist zwar wirklich redlich bemüht sich den Problemen des Landes, wie zum Beispiel den Straßen- und Gefängniskindern anzunehmen, allerdings wirkt alles noch sehr unorganisiert und überfordert. Aber es ist natürlich ein Anfang und um vieles besser als die Gefängnisse in denen die Kiddies davor untergebracht waren. Leider gibt es noch viel zu wenig von diesen Einrichtungen, aber man ist doch wohl auf dem richtigen Weg.

In dieser Einrichtung haben wir dann mit einigen Jungs gesprochen, die für PREDA in Frage kamen. Leider gab es zwei Tage vor unserem Besuch einen Fluchtversucht aus dem Wellfare Departement, indem auch einer der Jungs beteiligt war, weshalb dieser wohl keine Chance haben wird von PREDA übernommen zu werden.
Wir haben uns dann nach dem Gespräch noch die Adressen von den übriggebliebenen Jungs geben lassen und sind dann losgezogen, um deren Familien zu treffen. Was folgte, war wirkliche eine Art Schnitzeljagd auf der Suche nach Menschen, da die Adressen teilweise nicht korrekt waren, oder die Familien nicht mehr dort wohnten. Deshalb mussten wir uns überall durchfragen und kamen so auch immer tiefer in die Wohngegenden hinein, die man durchaus als Slums bezeichnen kann. Es war wirklich super krass und interessant mal soweit in diese Slums reinzukommen, auch wenn es wohl nicht ganz ungefährlich war (deshalb gibt’s auch keine Bilder direkt aus dem Slum) Die meiste Zeit wurden wir aber von einer Horde Kinder verfolgt, die auch mal den großen „Ami“ sehen wollten (hier ist jeder Weiße automatisch Amerikaner)







Leider fanden wir nicht alle Elternteile, weil diese zum Teil in letzter Zeit verstorben oder untergetaucht sind. Den anderen Familien erklärten wir schließlich das Konzept von PREDA und warum es gut für das Kind wäre, wenn man es dorthin überstellt. Ich hab zwar nicht alles verstanden, aber es war wohl so, dass die Familien ganz angetan davon waren. Ein Tag später (also gestern) erreichte dann ein Bus mit 3 „neuen“ Jungs zwischen 14 und 16 aus Manila das  BoysCamp in Olongapo. Diese waren zwar am Anfang total verunsichert und eingeschüchtert von der neuen Umgebung, aber es war für mich natürlich echt schön zu sehen, dass das Konzept von PREDA soweit funktioniert. Das heißt nicht, dass für die Jungs ab jetzt alles super wird, aber immerhin bekommen sie wahrscheinlich zum ersten Mal in ihrem Leben eine echte Chance und die Perspektive ihre Zukunft in die richtigen Bahnen zu lenken. Ich hoffe nur wirklich, dass die Jungs das auch begreifen und etwas daraus machen.





Am Mittwoch ging es dann in eine ganz andere Richtung. Wir besuchten die Fair Trade Producer. Das sind Menschen, die im Zuge des Fair Trade Programms verschiedene Waren herstellen, die dann von PREDA nach Europa verkauft werden. Dadurch unterstützt PREDA vor allem die indigene Bevölkerung der Philippinen, die häufig in extremer Armut lebt.
So werden zum Beispiel Taschen und modische Accessoires aus alten Verpackungen hergestellt. Allein in diesem Projekt arbeiten ca. 200 (Groß-) Familien, was wohl ca. 2000 Menschen entspricht und was ihnen ein gesichertes Einkommen und die Möglichkeit bietet ihre Kinder in die Schule zu schicken. 






Nachdem wir uns eine solche Taschenfabrik angeschaut hatten fuhren wir weiter in den Norden von Luzon und trafen dort, nach einer abenteuerlichen Autofahrt auf einen Stamm der Aetas (Ureinwohner der Philippinen). Diese leben noch ziemlich "traditionell" und pflanzen häufig Mangos und andere Früchte an und verarbeiten diese dann anschließend auch weiter. PREDA garantiert den Familien den Kauf dieser Produkte zu einem fairen Preis und vermarktet diese dann weiter an Fair Trade Organisationen in ganz Europa, wie zum Beispiel DWP in Süddeutschland. Über diesen Weg kommen dann die Waren aus den Philippinen in die „Eine-Welt-Läden“ zu uns. Weiterhin unterstützt PREDA Stämme wie die Aetas durch Beratungen und bei Investitionen.
Auf diesem Weg kann nun eine durchschnittliche Aetas Familie, die davor in tiefster Armut und in völliger Abhängigkeit von den Preisen der Großhändler gelebt hat, nun von den Erträgen weniger Mangobäume gut leben und ihre Kinder wiederum in örtliche Schulen schicken.





Ich hatte wirklich ein etwas mulmiges Gefühl, als wir uns dann durch den philippinischen Dschungel kämpften, wie denn dieses Volk auf uns Weiße reagieren würde, da sie schließlich im Laufe der Geschichte alles andere als positives Erfahrungen mit Westlern gemacht haben. Die Menschen waren allerdings extrem gastfreundlich und freuten sich total über unseren Besuch, was aber auch nicht weiter verwunderlich war, als wir erfuhren, was PREDA alles für diesen Stamm getan hat. Diese Familien waren von der Flutkatastrophe 2009 (was man in Deutschland kaum mitbekommen hat) betroffen und haben dadurch ihre komplette Lebensgrundlage verloren. PREDA hat sich nun in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen darum bemüht, dass diese Familien Land erhalten und umgesiedelt werden können. Auf diesem Land werden nun neue Häuser für die Menschen gebaut, und sie erhalten die notwendige Unterstützung, um auf diesem Land nun Mangos und andere Früchte anzubauen, die dann wiederum von PREDA aufgekauft werden. 







Dieses Treffen mit den Ureinwohnern war wirklich super spannend und aufregend. Anschließend fuhren wir noch im BoysCamp vorbei, wo ich dann bis in den späten Abend mit den Jungs Basketball und Tischtennis spielen „musste“  =)
Es war irgendwie echt verrückt zu erleben, wie die Jungs die ganze Zeit über spielten und herumalberten, weil man dabei beinahe komplett vergisst, was all diese Jungen für Geschichten und Erlebnisse gehabt haben müssen, und es doch trotzdem einfach nur ganz normale Kinder sind (wenn da nicht die vielen Tätowierungen überall wären)

So, das war mal wieder jede Menge Stoff für euch, aber wie versprochen wars dieses Mal nicht ganz so düster wie beim Bericht davor. Ich versuch mich echt immer kurz zu fassen, aber das klappt irgendwie dann auch nie so richtig… =)
Ich melde mich, wenns das nächste Mal wieder was spannendes zu erzählen gibt.

Vielen Dank für eure Geduld beim Lesen und für euer Interesse

Alles liebe

Claudius