Mittwoch, 2. März 2011

Social Investigation und Besuch der Ureinwohner




Hallo alle zusammen,


ich bins mal wieder.
Hab in den Nachrichten gesehen, dass es auch in Deutschland langsam Frühling wird, was ich euch wirklich auch total gönne… =) 



Mir geht’s immer noch echt gut hier. Es kommen und gehen immer wieder neue Besucher und Freiwillige aus der ganzen Welt, was natürlich echt spannend ist. Hab mich auch inzwischen an fast alles wie an das Essen und die Unterbringung usw. gewöhnt. Dass man die ganze Zeit angestarrt, angequatscht und zum Teil verfolgt wird stört aber immer noch ein wenig. (Eine Sache auf die ich mich schon jetzt mit am meisten freue ist diese Anonymität wenn ich wieder im schönen Berlin bin …) 






So, was ist alles passiert nach dem Jail-Visit letzte Woche:
An dem Donnerstag und dem Freitag musste ich eine Hausarbeit fertig schreiben, die leider nicht so viel mit PREDA zu tun hatte, und was mich deshalb auch bisschen genervt hat, weil ich mir für die Zeit auf den Philippinen natürlich was spannenderes vorstellen könnte, als die Möglichkeiten des Strategischen Managements für Kommunalverwaltungen zu erforschen. Eigentlich war ich mir auch sicher, dass ich die Hausarbeit über Weihnachten schreiben würde, also selbst Schuld… =)
Außerdem hab ich mich in der Zeit weiter genauer mit den Programmen und Projekten von PREDA beschäftigt und Fragebögen für Interviews in den verschiedenen Departements vorbereitet.

Das Wochenende war dafür dann aber super lustig. Wir  haben vor allem Samstagnacht bis um halb 6 gefeiert, weshalb wir auch direkt einen anderen Ausflug verpasst haben, weil der Bus dafür um 5 losgefahren wäre…
Es ist aber echt komisch als „Weißer“ in so einem Club unterwegs zu sein, weil man dort ununterbrochen angestarrt und angemacht wird - allerdings mehr von Typen als von Mädels. Man sieht hier vor allem abends wirklich unheimlich viele Typen, die sich als Frau verkleiden und dann aber mit Dreitagebart, Kleidchen und High Heels tanzen gehen. 



Am Dienstag bin ich dann mal wieder nach Manila gefahren und war da mit dem „Child Resscue Team“ bei einer „Social Investigation“.
Hierbei geht es um folgendes: Wenn man das Sorgerecht für ein Kind von einem Sozialarbeiter übertragen bekommt (vgl. Bericht Jail- and Slum Visit in Manila) wird zuerst die Familie des Jungen aufgesucht, um einen Einblick in das familiäre Umfeld zu bekommen, bevor man ihn ins BoysCamp bringt. Dadurch soll in Erfahrung gebracht werden, wie wahrscheinlich eine erfolgreiche Integration nach dem Aufenthalt bei PREDA in die Familie ist. Außerdem gibt es ein Gespräch mit den potentiellen Kandidaten, um diese bessere kennenzulernen und einschätzen können, ob hier eine erhöhte Fluchtgefahr besteht. Das wurde notwendig, nachdem in letzter Zeit immer mehr Jungs (ca.10%)  aus dem BoysCamp abgehauen sind, was einfach zu viele waren. Um die Arbeit von PREDA nicht zu gefährden wird nun eine „Vorauswahl“ getroffen.

Dieses Mal hatten wir keinen eigenen Fahren, sondern sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach- und dann auch in- Manila herumgefahren, was schon für sich ein eigenes Abenteuer gewesen wäre. (Dieses Chaos auf den Straßen hier kann man sich als Europäer wirklich nicht vorstellen, wenn man es nicht mit seinen eigenen Augen sieht) 





Wir fuhren dann zuerst in ein sogenanntes „Wellfare Departement“. Dort werden Kinder untergebracht, die in Gefängnissen gefunden wurden, und die von dort aus von Sozialarbeitern an Organisationen wie PREDA vermittelt werden sollen. Diese Einrichtungen gibt es so seit ca.1 Jahr und sind ein Sinnbild für die Bemühungen der neuen Regierung unter Aquino. Diese ist zwar wirklich redlich bemüht sich den Problemen des Landes, wie zum Beispiel den Straßen- und Gefängniskindern anzunehmen, allerdings wirkt alles noch sehr unorganisiert und überfordert. Aber es ist natürlich ein Anfang und um vieles besser als die Gefängnisse in denen die Kiddies davor untergebracht waren. Leider gibt es noch viel zu wenig von diesen Einrichtungen, aber man ist doch wohl auf dem richtigen Weg.

In dieser Einrichtung haben wir dann mit einigen Jungs gesprochen, die für PREDA in Frage kamen. Leider gab es zwei Tage vor unserem Besuch einen Fluchtversucht aus dem Wellfare Departement, indem auch einer der Jungs beteiligt war, weshalb dieser wohl keine Chance haben wird von PREDA übernommen zu werden.
Wir haben uns dann nach dem Gespräch noch die Adressen von den übriggebliebenen Jungs geben lassen und sind dann losgezogen, um deren Familien zu treffen. Was folgte, war wirkliche eine Art Schnitzeljagd auf der Suche nach Menschen, da die Adressen teilweise nicht korrekt waren, oder die Familien nicht mehr dort wohnten. Deshalb mussten wir uns überall durchfragen und kamen so auch immer tiefer in die Wohngegenden hinein, die man durchaus als Slums bezeichnen kann. Es war wirklich super krass und interessant mal soweit in diese Slums reinzukommen, auch wenn es wohl nicht ganz ungefährlich war (deshalb gibt’s auch keine Bilder direkt aus dem Slum) Die meiste Zeit wurden wir aber von einer Horde Kinder verfolgt, die auch mal den großen „Ami“ sehen wollten (hier ist jeder Weiße automatisch Amerikaner)







Leider fanden wir nicht alle Elternteile, weil diese zum Teil in letzter Zeit verstorben oder untergetaucht sind. Den anderen Familien erklärten wir schließlich das Konzept von PREDA und warum es gut für das Kind wäre, wenn man es dorthin überstellt. Ich hab zwar nicht alles verstanden, aber es war wohl so, dass die Familien ganz angetan davon waren. Ein Tag später (also gestern) erreichte dann ein Bus mit 3 „neuen“ Jungs zwischen 14 und 16 aus Manila das  BoysCamp in Olongapo. Diese waren zwar am Anfang total verunsichert und eingeschüchtert von der neuen Umgebung, aber es war für mich natürlich echt schön zu sehen, dass das Konzept von PREDA soweit funktioniert. Das heißt nicht, dass für die Jungs ab jetzt alles super wird, aber immerhin bekommen sie wahrscheinlich zum ersten Mal in ihrem Leben eine echte Chance und die Perspektive ihre Zukunft in die richtigen Bahnen zu lenken. Ich hoffe nur wirklich, dass die Jungs das auch begreifen und etwas daraus machen.





Am Mittwoch ging es dann in eine ganz andere Richtung. Wir besuchten die Fair Trade Producer. Das sind Menschen, die im Zuge des Fair Trade Programms verschiedene Waren herstellen, die dann von PREDA nach Europa verkauft werden. Dadurch unterstützt PREDA vor allem die indigene Bevölkerung der Philippinen, die häufig in extremer Armut lebt.
So werden zum Beispiel Taschen und modische Accessoires aus alten Verpackungen hergestellt. Allein in diesem Projekt arbeiten ca. 200 (Groß-) Familien, was wohl ca. 2000 Menschen entspricht und was ihnen ein gesichertes Einkommen und die Möglichkeit bietet ihre Kinder in die Schule zu schicken. 






Nachdem wir uns eine solche Taschenfabrik angeschaut hatten fuhren wir weiter in den Norden von Luzon und trafen dort, nach einer abenteuerlichen Autofahrt auf einen Stamm der Aetas (Ureinwohner der Philippinen). Diese leben noch ziemlich "traditionell" und pflanzen häufig Mangos und andere Früchte an und verarbeiten diese dann anschließend auch weiter. PREDA garantiert den Familien den Kauf dieser Produkte zu einem fairen Preis und vermarktet diese dann weiter an Fair Trade Organisationen in ganz Europa, wie zum Beispiel DWP in Süddeutschland. Über diesen Weg kommen dann die Waren aus den Philippinen in die „Eine-Welt-Läden“ zu uns. Weiterhin unterstützt PREDA Stämme wie die Aetas durch Beratungen und bei Investitionen.
Auf diesem Weg kann nun eine durchschnittliche Aetas Familie, die davor in tiefster Armut und in völliger Abhängigkeit von den Preisen der Großhändler gelebt hat, nun von den Erträgen weniger Mangobäume gut leben und ihre Kinder wiederum in örtliche Schulen schicken.





Ich hatte wirklich ein etwas mulmiges Gefühl, als wir uns dann durch den philippinischen Dschungel kämpften, wie denn dieses Volk auf uns Weiße reagieren würde, da sie schließlich im Laufe der Geschichte alles andere als positives Erfahrungen mit Westlern gemacht haben. Die Menschen waren allerdings extrem gastfreundlich und freuten sich total über unseren Besuch, was aber auch nicht weiter verwunderlich war, als wir erfuhren, was PREDA alles für diesen Stamm getan hat. Diese Familien waren von der Flutkatastrophe 2009 (was man in Deutschland kaum mitbekommen hat) betroffen und haben dadurch ihre komplette Lebensgrundlage verloren. PREDA hat sich nun in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen darum bemüht, dass diese Familien Land erhalten und umgesiedelt werden können. Auf diesem Land werden nun neue Häuser für die Menschen gebaut, und sie erhalten die notwendige Unterstützung, um auf diesem Land nun Mangos und andere Früchte anzubauen, die dann wiederum von PREDA aufgekauft werden. 







Dieses Treffen mit den Ureinwohnern war wirklich super spannend und aufregend. Anschließend fuhren wir noch im BoysCamp vorbei, wo ich dann bis in den späten Abend mit den Jungs Basketball und Tischtennis spielen „musste“  =)
Es war irgendwie echt verrückt zu erleben, wie die Jungs die ganze Zeit über spielten und herumalberten, weil man dabei beinahe komplett vergisst, was all diese Jungen für Geschichten und Erlebnisse gehabt haben müssen, und es doch trotzdem einfach nur ganz normale Kinder sind (wenn da nicht die vielen Tätowierungen überall wären)

So, das war mal wieder jede Menge Stoff für euch, aber wie versprochen wars dieses Mal nicht ganz so düster wie beim Bericht davor. Ich versuch mich echt immer kurz zu fassen, aber das klappt irgendwie dann auch nie so richtig… =)
Ich melde mich, wenns das nächste Mal wieder was spannendes zu erzählen gibt.

Vielen Dank für eure Geduld beim Lesen und für euer Interesse

Alles liebe

Claudius







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