Freitag, 16. März 2012

Der Hype um Kony

Hallo alle zusammen,

sonnige Gruesse dieses Mal aus Kampala. Im Moment befinde ich mich auf dem Weg nach Ruanda mit einem Zwischenhalt in Kabale und da es unser Busfahrer offensichtlich nicht allzu eilig hat melde ich mich mal wieder.


Mir gehts soweit ganz gut in Najjembe, aber im Moment freue ich mich sehr darauf mal ein bisschen „rauszukommen“ und einige andere Dinge zu sehen und neue Eindruecke zu bekommen. Besonders Ruanda soll unheimlich spannend sein, hab ich mir sagen lassen, da sich dieses Land in den letzten Jahren nach dem Genozid sehr gut entwickelt und der direkte Vergleich zu Uganda sehr interessant sein duerfte.







In letzter Zeit Zeit kursiert ja bekanntermassen ein Video ueber die von Joseph Kony angefuehrte ugandische Rebellentruppe LRA im Netz, die schaetzungsweise bis zu 30.000 Kinder rekrutiert haben soll. Besonders beruechtigt ist die LRA aufgrund ihres extrem brutalen Vorgehens.
Die Idee der Macher ist es, Informationen ueber diese Graeueltaten einer breiten Oeffentlichkeit zugaenglich zu machen. Ganz offensichtlich wird eine militaerische Intervention gegen die LRA gefordert, um Kony endlich das Handwerk zu legen und diesen Krieg zu beenden.

In letzter Zeit waechst allerdings auch zunehmend die Kritik an dem Clip,wie ich finde auch zurecht.
Zunaechst erzeugt das Video den Eindruck, dass im Norden Ugandas Krieg herrschen wuerde, was  definitiv nicht stimmt. Schon vor ueber 5 Jahren wurde die LRA aus Uganda vertrieben und musste sich ueber den Kongo und Suedsudan zurueckziehen. Seit diesem Zeitraum hat man auch nichts mehr von Kony gehoert, sodass man sich ueberhaupt nicht sicher sein kann, ob dieser denn noch lebt. Dieses Video mit Aufnahmen, die vor mehreren Jahren entstanden sind , koennte ausserdem den Tourismus in Uganda negativ beeinflussen, der sich eigentlich zunehmend erholt und ein gewaltiges Potential fuer das Land mit sich bringen koennte.

Ein weitere Kritikpunkt an dem Video ist –meiner Meinung nach – das Joseph Kony und seine Armee als Ursache des Konflikts dargestellt werden. Wuerde man Kony endlich das Handwerk legen, waere dieser Konflikt damit beendet, so der Clip. Dabei ignorieren die Macher, die Rolle, die die anderen Konfliktparteien einnehmen. Es gibt in dem ganzen „Zusammenspiel“ zwischen LRA, ugandischer Armee, dem Sudan, dem Suedsudan und dem Kongo nicht eine einzige Partei, die in den letzten Jahren nicht massive Menschenrechtsverletzungen und Massenmorde bis hin zu Genozidversuchen verschuldet hat. Wahrscheinlich gaebe es die LRA auch schon garnicht mehr, wuerde diese nicht vom Suedsudan unterstuetzt werden, da der Suedsudan die Kindersoldten der LRA fuer seine eigenen Zwecke im Konflikt mit dem Sudan eingesetzt hat. Will man denn nun wirklich die ugandische Armee unterstuetzten, eine Armee eines diktatorischen Praesidenten, der massive Menschenrechtsverletzungen zu verantworten hat und zum Beispiel homosexuelle Personen bis zu 10 Jahre einsperren laesst? Darueber hinaus wird der uganischen Regierung bezueglich des Umgangs mit den Fluechtlingslagern im Norden ein „schleichender Genozid“ vorgeworfen. Geschaetzt wird, dass jede Woche bis zu 1000 Menschen in diesen Lagern aufgrund der furchtbaren Bedingungen ums Leben kommen. Genau diese Unterstuetzung wird in dem Video ueber Kony gefordert.

Die wahren Probleme Ugandas liegen in Wirklichkeit an ganz anderen Stellen. Die massive Korruption laehmt das Land. Die zahlreichen Ressourcen werden nicht mal ansatzweise zum Wohle der Menschen hier eingesetzt, das Bildungssystem fuer finanzschwache Familien (und das sind hier fast alle) ist katastrophal, genauso wie die Gesundheitsversorgung. Gerade mal 10 Prozent der Menschen in Uganda haben Strom, waehrend die Ausgaben fuer Militaer von Jahr zu Jahr neue Rekorde erreicht.

Ausserdem muss man sich an dieser Stelle fragen, wie denn eine militaerische Intervention aussehen koennte? Man darf auch immer nicht vergessen, dass man durch militaerisches Vorgehen immer gegen Kinder vorgehen wuerde, die zum Kaempfen gezwungen werden.

Sollte es das Ziel der Macher gewesen sein Aufmerksamkeit fuer diesen Konflikt zu erhalten, so war das Projekt zweifelsfrei ein grosser Erfolg. Auch die kontroverse Debatte die dem Video folgt ist sicherlich grundsaetzlich zu begruessen. Die selbstinszinierende und –meiner Meinung nach- auch selbstgerechte Darstellung der Macher, die dem Zuschauer auf der Coach vermittelt sie koennten einen Krieg durch das Teilen des Videos beenden ist mit dem Wort „naiv“ noch wohlwollend umschrieben. Man darf gespannt sein, wie sich die weiteren Entwicklungen darstellen. Die Ugander selbst allerdings haben kaum Verstaendnis dafuer, dass sich jetzt auf einmal, soviele Jahre nach dem Krieg die ganzen Amerikaner und Europaer so sehr fuer die LRA interessieren, waehrend man sich doch in der Zeit der "tatsaechlichen" Kriege stets vornehmen zurueckgehalten hat.


So, das wars von meiner Seite. Sorry fuer die Rechtschreibfehler, der Bus ist inzwischen losgeholpert =)
Wie seht ihr denn das ganze und wie wird es in Deutschland vermittelt? Ueber ein Feedback zu diesem schwierigen Thema wuerde ich mich freuen.

Liebe Gruesse
Claudius

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen